
Das Manifest
Diese unter dem Zeichen der Emotion geborene Ausstellung am Zusammenfluss der Sinne ist eine wahre Hommage an Masanori Umeda und die Memphis-Bewegung.
Es ist genau 40 Jahre her, dass Ettore Sottsass und seine Bande die Designgeschichte mit der ersten Memphis-Kollektion umgestürzt haben. Sie wurde im September 1981 in Mailand vorgestellt und hat das Publikum mit Stärke und Intensität überrascht und getroffen.
Diese fröhliche, enthemmte Bewegung voller Ironie und Humor brachte Farbe, Extravaganz, Lebensfreude und Verrücktheit in eine Epoche, der diese Eigenschaften ernsthaft abgingen.
Die Entdeckung von „Night Tales”, der neuesten Kollektion von Masanori Umeda, einem der Star-Designer von Memphis, der sich hier von seinem symbolträchtigen Boxring Tawaraya inspirieren ließ, dem ultimativen Symbol der Bewegung, war ein echter Schock, diese Kreationen haben uns tief getroffen. Diese lebhafte Emotion erinnerte an diejenige, die 1981 zum Ausdruck kam.
Aus der Notwendigkeit, sie zu vermitteln und die neuen Werke des Designers mit den historischen Stücken der Bewegung in einen Dialog eintreten zu lassen, ist die Ausstellung „Umeda et Memphis, dialogues sensoriels” (Umeda und Memphis, sinnliche Zwiegespräche) entstanden. Die von dem japanischen Designer im Alter von 80 Jahren entworfene Kollektion Night Tales legt ein wichtiges Zeugnis ab. Sie enthält in sehr geringen Serien aufgelegte Stücke und wird zum ersten Mal in Frankreich exklusiv in der Galerie von Made In Design vorgestellt.
Diese reichhaltige und immersive Ausstellung, bei der sich Blickrichtungen kreuzen, versetzt uns zurück in die Geschichte dieser legendären Bewegung. Sie bietet die Möglichkeit, außergewöhnliche, selten öffentlich ausgestellte Stücke zu entdecken wie etwa die Konsole Tartar von Ettore Sottsass, fröhliche und verspielte oder sogar ironische Stücke wie der Sessel Roma von Marco Zanini.
Die Szenographie wird durch Stoffe mit schwungvoller, explosiver grafischer Gestaltung von Nathalie du Pasquier, Ettore Sottsass, George Sowden getragen. Ein ganz besonderer Stellenwert wird den Designerinnen eingeräumt, die entscheidend in dieser avantgardistischen Bewegung mitgearbeitet haben und deren Kreationen zu den herausragenden Stücken gehören.
So entstehen vielfältige Dialoge voller Energie und Intensität zwischen den Künstlern, ihren Kreationen und dem Publikum.
Eine Veranstaltung, die an die Ausstellung „Sottsass, l’objet magique” (Sottsass, der magische Gegenstand) anknüpft, die derzeit im Centre Pompidou zu sehen ist.
Sinnliches Design

Masanori Umeda
Ehrengast

Der 1941 in der Nähe von Yokohama geborene Masanori Umeda begann am Ende seiner Jugend mit dem Designstudium in Tokyo. Mitte der 60er Jahre, als er gerade die Kuwasawa-Schule erfolgreich absolviert hatte, beschloss er das Archipel zu verlassen und reiste nach Mailand, in die Stadt, in der die Maestri wohnten, die er in der von Gio Pontia geleiteten Zeitschrift Domus entdeckt hatte. Also schiffte er sich auf einer Fähre nach Marseille ein und fuhr von dort in die Hauptstadt der Lombardei, wo er anfangs im Studio der Brüder Achille und Pier Giacomo Castiglioni angestellt wurde. Anfang der 70er Jahre verließ er sie und schloss sich dem technologischen Abenteuer von Olivetti an, wo er Ettore Sottsass begegnete, der damals die Mailänder Designabteilung des Elektronikherstellers leitete. 1981, als Umeda nach Japan zurückgekehrt war, hat Sottsass ihn gebeten, an der allerersten Kollektion der Memphis-Bewegung mitzuarbeiten. Eine Erfahrung, die seinen Werdegang dauerhaft geprägt hat. Anschließend hat er sich in den 90er Jahren mit seinen an Blumen angelehnten Sitzmöbeln für den italienischen Herausgeber EDRA zu einem eher gegenständlichen Design hingewandt. Er wurde später Lehrer und Berater, hat aber weiterhin Gegenstände mit starker Sinnlichkeit entworfen, in denen die japanische Kunst der Symbiose mit der Natur zum Ausdruck kommt, und die Poesie, die sie ausstrahlt, wie die Kollektion „Night Tales” unter Beweis stellt, die er entwickelt hat, nachdem er gerade seinen 80. Geburtstag gefeiert hatte.
Kollektion Night Tales
Die Galerie Made In Design zeigt exklusiv und zum ersten Mal in Frankreich „Night Tales”, eine außergewöhnliche Kollektion, die uns in die Sinneswelt von Masanori Umeda versetzt. Seine kreative Energie entfaltet sich in zwei Serien mit Utamaro, Möbelstücken, die von seinem berühmten, für Memphis typischen Boxring Tawaraya inspiriert wurden, und Neuauflagen von in den 80er Jahren entworfenen Gegenständen.
Utamaro
Die Kollektion Utamaro wurde von den erotischen Ritualen, der Bilderwelt und den Einrichtungen der Edo-Zeit (1600-1868) inspiriert, wie sie der japanische Maler Kitagawa Utamaro (1753-1806) verewigt hat. Sie bietet eine Ästhetik, die an den berühmten Boxring Tawaraya mit den Tatamis und den schwarz-weißen Streifen erinnert, das Markenzeichen von Memphis. Die Besonderheit dieser Kollektion beruht auf ihren wunderschönen Seidenkissen mit leuchtenden Farbschattierungen, die nach den althergebrachten Methoden gefertigt werden, mit denen man auch Kimonos färbt.
Die 1980er Jahre
„Night Tales” umfasst eine zweite Serie von Kreationen, die 1982, mitten in der Memphis-Periode entworfen und kürzlich in limitierter Anzahl neu aufgelegt wurden. Der Tisch Medusa und der Sessel Animal beruhen auf einer besonderen Sprache, als stammten sie aus einem Märchen, in dem man seltsamen Tieren begegnet.
Memphis, eine legendäre Bewegung

Avantgardistische Ironie
Eine kreative Freundesbande

Eine Bewegung, die in einer Freundesgruppe entstanden ist, die unbändige Lust hatten, die Codes einer zu braven Designwelt umzustoßen, und die das Design am Ende des 20. Jahrhunderts auf den Kopf gestellt hat. Die erste, 1981 auf der Messe in Mailand ausgestellte Kollektion dieser Idealisten hat schockierte Reaktionen ausgelöst: unwahrscheinliche Formen, mit Laminat beschichtete Möbel mit üppigen geometrischen Mustern... Die Memphis-Bewegung mit den übersprudelnden post-modernistischen Grundsätzen spielt eine zentrale Rolle bei der fruchtbaren Annäherung von Design und Kunst. Zum ersten Mal findet das Design seine Inspiration auf der Straße und stellt sich den Konventionen entgegen. Sieben Jahre lang hat diese fröhliche Bewegung voller Humor und Ironie Lebensfreude und Verrücktheit in einer Epoche verbreitet, der diese ernsthaft abgingen.

Ettore Sottsass
Symbolträchtiger Gründer

Nach einer Ausbildung als Architekt und einem Abstecher in die Malerei hat er 1947 seine ersten Möbel entworfen. Er verfolgte ebenfalls eine Laufbahn im Industriedesign, wo er Produkte wie die Schreibmaschine Valentine für Olivetti gestaltete. Ende der 70er Jahre, nach einem Ausflug in die Experimentalbewegung Alchimia, wurde er mit Memphis in der breiten Öffentlichkeit bekannt. Er hatte diese Bewegung im Alter von 64 Jahren gegründet und sein Geniestreich bestand darin, eine Bande junge Designer um sich zu versammeln, mit denen zusammen er das Design am Ende des 20. Jahrhunderts auf den Kopf stellte. Der vielgestaltige Designer Ettore Sottsass (1917-2007) hat immer Wert darauf gelegt, Gegenstände zu produzieren, die auch mit einem gewissen Etwas beseelt sind. Er hatte sein ganzes Leben lang mehrere Perioden durchlaufen und hat sich an zahlreichen Medien versucht, aber sein Lieblingsmaterial war die Keramik! Dieser unermüdliche Abenteurer fand seine Inspiration auf seinen zahlreichen Reisen (Indien, Kalifornien…) und entwarf Stücke, die von orientalischer Spiritualität und Popkultur leben.
Selten in den Vertrieb gebrachte Stücke
Die Absicht dieser Ausstellung bestand ebenfalls darin, weniger bekannte oder sogar unbekannte Stücke vorzustellen, um das Verständnis für den Reichtum der Memphis-Bewegung auszuweiten und den Besuchern die Freude zu bieten, wichtige und bemerkenswerte Werke kennenzulernen. Entdecken Sie extrem seltene Stücke von Ettore Sottsass wie die Konsole Tartar, die direkt aus „den verrauchten städtischen Stimmungen (…) von Blade Runner” entsprungen zu sein scheint, wie Barbara Radice anmerkt, oder auch der skulpturale Tisch Mandarin mit seinem imposanten, übergroßen Fußgestell.

George J. Sowden
Design zum Leben

Der seit den 70er Jahren in Mailand ansässige englische Designer und Architekt George J. Sowden hatte zuerst bei Olivetti mit Ettore Sottsass zusammengearbeitet, bevor er sich dem Memphis-Abenteuer anschloss. Seine Ästhetik, welche die damalige Strenge herausforderte, war in seiner Arbeit allgegenwärtig. Er interessierte sich für Designforschung, arbeitete mit Handwerksbetrieben zusammen und gründete 2010 seine eigene Marke.
Eine weibliche Bewegung
Memphis ist in kreativer Hinsicht eine avantgardistische Bewegung, aber auch aus gesellschaftlicher Sicht. Zu einer Zeit, als die Welt des Designs eine sehr männliche Angelegenheit war, hat Ettore Sottsass sich drei jungen Frauen ins Boot geholt: Nathalie du Pasquier, Martine Bedin und Maria Sanchez. Diese waren gleichberechtigt mit den Männern an der Gründung der Bewegung beteiligt.

Nathalie Du Pasquier

Die Designerin war durch das subsaharische Afrika gestreift, bevor sie Ende der 1970er Jahre nach Mailand kam. Bei Memphis entwarf sie Möbel und machte vor allem von ihren Reisen inspirierte Zeichnungen, aus denen die All-Over-Motive entstanden, die zu den Besonderheiten der Bewegung gehören und auf den Stoffen und mit Laminat beschichteten Oberflächen der Kollektionen zu finden sind. Sie war eine wahre Malerin und ihr Stil schrieb mit seinen charakteristischen Zusammenstellungen Geschichte. Vierhändig mit ihrem Lebensgefährten George J. Sowden entwirft sie weiterhin Teppiche, Keramik und Objekte für Memphis Milano / Post Design.

Martine Bedin

Nach ihrem Studium an der Kunsthochschule in Bordeaux reiste Martine Bedin nach Florenz, wo sie mit der damaligen Avantgarde der italienischen Architektur in Verbindung trat: Superstudio. Danach kam sie nach Mailand, begegnete Sottsass und wurde zu einem der Memphis-Gründungsmitglieder. Sie war für die Lampe Super verantwortlich, die ein Loblied auf die Unbeschwertheit darstellte und behauptete erneut einen der Glaubenssätze des Kollektivs: das Emotionale als neue Funktionalität. Martine Bedin lebt in Paris und ist Design-Professorin an der privaten Hochschule für Innenarchitektur und Produktdesign École Camondo.

Maria Sanchez

Die diskreteste unter den Memphis-Frauen ist die Argentinierin Maria Sanchez. Sie hat sich der Bande erst später angeschlossen, nachdem sie Ettore Sottsass 1985 begegnet war, und hat den kleinsten Gegenstand des Katalogs entworfen, der auch zu den Bekanntesten gehört: den Aschenbecher namens Squash, der mit seiner bunt zusammengewürfelten Zusammenstellung aus bunten geometrischen Formen eines der Wahrzeichen der Bewegung geworden ist. Sie ist heute Beraterin für strategisches Design bei zahlreichen Unternehmen, Forscherin an der Universität und lebt in Argentinien.
Grafische Revolution
Die wenig in Umlauf gebrachten Textilien waren ein echtes Trägermaterial für die kreative Ausdruckskraft von Nathalie Du Pasquier, George J. Sowden und Ettore Sottsass. Wir bieten Ihnen die schönsten Musterproben davon an, mit den für die Bewegung typischen Grafiken und Farben, die so aufgehängt wurden, dass der Besucher in eine immersive Szenographie eintaucht.

Nathalie Du Pasquier
(1981) Burundi

Nathalie Du Pasquier
(1983) Cerchio

Nathalie Du Pasquier
(1982) Zaïre

Ettore Sottsass
(1983) Letraset

Ettore Sottsass
(1983) Rete

George J. Sowden
(1983) Triangolo

George J. Sowden
(1983) Quadro
Weitere Ausstellungstücke
Praktische Hinweise
Galerie Made In Design
Printemps Haussmann
6. Obergeschoss Printemps Gebäude Damenmoden
64 Boulevard Haussmann
F-75009 Paris
Öffnungszeiten
Täglich von 11 bis 19 Uhr
Bis zum 8. Januar 2022
Danksagungen & Partnerschaften
Masanori Umeda
Designer
Nanae Umeda
Designer
Alberto Bianchi Albrici
CEO von Memphis-Milano
Roger von Bary
Agent von Memphis-Milano
Brigitte Fitoussi
Auf die Memphis-Bewegung spezialisierte Schriftstellerin
Marie Godfrain
Journalistin und Lehrerin für Kunstgeschichte